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UZH Journal

Der begabte Lehrer

Für seinen inspirierenden Japanisch-Unterricht hat Guido Gefter am Dies academicus den Lehrpreis 2021 der UZH erhalten. Dem Dozenten gelingt es hervorragend, die anspruchsvolle Sprache auf eine Weise zu vermitteln, die Erfolgserlebnisse ermöglicht und die Lernmotivation steigert. 

Von: Stefan Stöcklin

Guido Gefter vor einem Hintergrund mit japanischen Schriftzeichen
Experte für die japanische Schrift und Sprache: Guido Gefter wird von Studentinnen und Studenten für seinen Lehrstil geschätzt.

 

«Ich bin dem Dozenten äusserst dankbar, weil er mich in diesen schwierigen Corona-Zeiten jeden Tag zum Selbststudium motiviert.» Das schreibt ein Student zum Unterricht von Guido Gefter, der an der philosophischen Fakultät der Universität Zürich Japanisch unterrichtet. Der Kommentar ist durchaus typisch: Abwechslungsreich, verständlich oder klar strukturiert sind weitere Wertungen zum Unterricht von Gefter, mit denen die Studierenden den Dozenten zum Lehrpreisträger 2021 erkoren haben.

Massgebendes Thema der diesjährigen Preisausschreibung war die Anregung zum Selbststudium. Diese zeichnet Gefters Unterricht nach Meinung seiner Studierenden besonders aus. Die Lehrinhalte seien weder zu schwierig noch zu einfach und ermöglichten Erfolgserlebnisse, die wiederum dazu anregten, sich stärker zu engagieren: «Ohne Guido Gefter hätte ich nie so viel ins Japanisch investiert», meint eine Studentin.

Intensive Beschäftigung

IIm Online-Gespräch äussert sich Guido Gefter angenehm überrascht und meint zurückhaltend: «Ich versuche einfach professionell und abwechslungsreich zu unterrichten und eine motivierende Atmosphäre zu schaffen.» Weil das Japanische für Europäer als nichtindogermanische Sprache viel Lernaufwand erfordere, sei die intensive Beschäftigung damit zentral.

Dies weiss der gebürtige Bieler aus seiner eigenen Erfahrung. Als er noch während seines Studiums der Sprachwissenschaften 2001 nach Kyoto ging, um seine Japanischkenntnisse zu vertiefen, organisierte er sich zusätzliche Stipendien und verlängerte den Sprachaufenthalt. «Ich merkte, ein Jahr reicht mir nicht», sagt Gefter. Damals, während des ersten Aufenthalts in Japan, ist er dem Land sozusagen verfallen. Da war einerseits die Faszination für die Sprache und die Literatur, die er im Original lesen wollte. Andererseits gefiel ihm das Land auf Anhieb: «Die Leute, die Städte, das Essen – ich fühlte mich vom ersten Tag an wohl.»

Heute schätzt er sich glücklich über seine Wahl der japanischen Sprache, die er einst etwas zufällig als Nebenfach ausgelesen hatte. Aus der intensiven Beschäftigung mit der Sprache ist mit den Jahren eine tiefe Verbundenheit mit dem Land entstanden. Wenn immer möglich verbringt Gefter mehrere Wochen pro Jahr in Japan.

Nüchterner Blick auf Japan

In Japan entdeckte der Dozent auch seine Berufung zur Lehre. Während eines Forschungsaufenthaltes besserte er sein Stipendium auf, indem er an einer japanischen Universität Deutsch unterrichtete. «Ich merkte schnell, dass mir das Unterrichten liegt», sagt Gefter. So entstand der Wunsch, als Sprachdozent tätig zu sein.

Ein Wunsch, den er in den folgenden Jahren verwirklichte, unter anderem als Dozent für die japanische Sprache an den Universitäten Bern und St. Gallen sowie viele Jahre am Sprachenzentrum der Universität und der ETH Zürich. Parallel zum Unterricht arbeitete er an seiner Dissertation in japanischer Sprachwissenschaft. Seit 2007 leitet er die Japanischausbildung am heutigen Asien-Orient-Institut. Eine Beschäftigung, die ihm ausserordentlich gut gefällt und er als «Glücksfall» bezeichnet.

Als profunder Kenner Japans ist sein differenzierter Blick auf das asiatische Land interessant. Während viele Menschen hierzulande Japan eher mit Teezeremonien, Zen-Buddhismus oder Kampfkünsten verbinden, sieht Gefter das Land nüchterner.
«Natürlich existieren diese Praktiken, aber weder sind sie besonders repräsentativ noch ist das Land insgesamt so andersartig, wie viele glauben möchten.»

Japan habe als hochentwickeltes Land mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie viele Länder Europas. Die Stichworte lauten alternde Bevölkerung, wirtschaftliche Stagnation und – auf der politischen Ebene – wachsender Nationalismus. Gefter hat auch Vorbehalte gegenüber dem Bild des selbstlosen Japaners, der sich als Individuum zurücknimmt und der Gemeinschaft unterordnet. «Der Gemeinschaftssinn ist nicht grösser als hier», meint er. Gefter plädiert deshalb dafür, Japan etwas realistischer und weniger verklärt zu sehen. Das Land verliere dadurch nichts von seinem Reiz.

Einstieg via Populärkultur

Als langjähriger Dozent konstatiert er bei den Studierenden ein anhaltendes Interesse an Japan und der japanischen Sprache – um die 60 Studierende belegen jeweils die Anfängerkurse. Gefter führt das grosse Interesse nicht zuletzt auf die japanische Populärkultur zurück: «Bei vielen Studierenden wecken Mangas, Videogames oder Popmusik die Lust an der Sprache.»

Ein oberflächliches Interesse reicht zum Spracherwerb allerdings nicht; wer sich auf das Japanische einlässt, muss sich auf eine längere Lernzeit einstellen. Es brauche Jahre, bis man sich fliessend auf Japanisch unterhalten könne, räumt Gefter ein. Ohne «intensive Beschäftigung» gehe es nicht. Erfolgserlebnisse und eine angenehme Atmosphäre sind deshalb besonders wichtig. Lernumstände, die der Dozent auch mit einer Prise Humor bestens vermitteln kann.

 

Weiterführende Informationen

Im Bild

Guido Gefter reist wenn immer möglich einmal pro Jahr nach Japan und kennt das Land unterdessen sehr gut.

Bild: Frank Brüderli