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UZH Journal

«Mehr als nur eine Geldquelle»

Wie funktioniert effektives Fundraising für die Wissenschaft? Darüber diskutieren Michael Schaepman, Prorektor Forschung der UZH, Markus Reinhard, Geschäftsführer der NOMIS Foundation, und Martin Gubser, Geschäfts­führer der UZH Foundation.

Interview: David Werner

Die NOMIS Foundation unterstützt mehrere Projekte an der Universität Zürich, da­runter eines zur Krebsforschung, eines zur Umweltethik und ein drittes zum Thema Biodiversität und Fernerkundung. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Markus Reinhard: Im Fokus der NOMIS Foundation stehen die Forscherpersönlich­keiten, die wir proaktiv durch unser wachsendes Netzwerk kennenlernen. Wir tauschen uns nach dem Erstkontakt intensiv mit ihnen über ihre Forschungsideen und -ansätze aus. Thematisch sind die Interessen unserer Stiftung sehr breit gefächert.

Welchen Kriterien folgen Sie bei der Auswahl der Projekte, die Sie unterstützen?

Reinhard: Wir fördern aus­schliess­lich Grundlagen­forschung. Dabei stehen für uns weniger einzelne Projekte im Vordergrund als viel­mehr Persönlichkeiten. Unsere Philo­sophie ist es, herausragende Forscherinnen und Forscher zu unterstützen, die sich durch echten Pioniergeist auszeichnen und neue Methoden sowie interdisziplinäre Perspektiven in ihre Arbeit ein­beziehen. Die persönliche Be­ziehung zu den von uns geförderten Forschenden ist uns sehr wichtig. Zusätzlich zur finanziellen Unter­stützung bieten wir Austausch und gegenseitige Inspiration innerhalb eines Netzwerks von Forschenden, das wir stetig ausbauen.

Schauen wir uns das von der NOMIS Foundation unterstützte Projekt von Michael Schaepman an, der auch in dieser Runde dabei ist. Worum geht es?

Michael Schaepman: Unser Projekt «Remotely Sensing Ecological Genomics» befasst sich mit der Frage, ob man die genetische Diversität von Pflanzen mittels Fern­erkundung messen kann. Dazu erfassen wir grossflächig, welche Pflanzen in einem bestim­mten Gebiet wachsen und wie sich deren Zusammensetzung über die Zeit und durch den Einfluss des Menschen verändert. Unsere Daten gewinnen wir am Boden und aus der Luft mit Hilfe von Flugzeugen und Satelliten.

Wie ist die NOMIS Foundation auf dieses Projekt gekommen?

Reinhard: Das Thema Biodiversität ist in letzter Zeit vermehrt in den Fokus unserer Aufmerksamkeit gerückt. Wir wollen unsere Aktivitäten in diesem Forschungsbereich ausbauen. Über unser Netzwerk wurden wir 2017 auf Michael Schaepmans Forschung zur Fernerkundung aufmerksam. Wir haben uns zunächst gegenseitig näher kennengelernt und dann mehrere lange, intensive Gespräche geführt, die schliesslich in einen konkreten Projektvorschlag mündeten.

Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit der NOMIS Foundation, Herr Schaepman?

Schaepman: Die Partnerschaft hat mir als Forscher neue Möglichkeiten eröffnet – überraschenderweise nicht nur in finanzieller Hinsicht. Dank der Stiftung wurde ich Teil eines wissenschaftlichen Netzwerks, zu dem ich vorher keinen Zugang hatte.

Herr Gubser, Sie sind seit zwei Jahren Geschäftsführer der 2012 gegründeten UZH Foundation und managen mit Ihrem Team das Fundraising für die UZH. Wie muss man sich Ihre Arbeit konkret vorstellen?

Martin Gubser: Das Kerngeschäft der UZH Foundation ist es, gute Beziehungen zwischen den einzelnen Forschenden, der UZH und den Donatorinnen und Donatoren aufzubauen und diese Beziehungen in Hinblick auf eine produktive weitere Zusam­menarbeit zu erhalten und zu pflegen. Auch die vertragsgemässe Abwicklung der Finanzierungsprozesse gehört dazu. Viel Aufwand treiben wir zudem in Bezug auf die Kommunikation. Zum Beispiel bemühen wir uns, komplexe Forschungsprojekte zielgruppengerecht zu erklären.

Die NOMIS Foundation geht aktiv auf Forschende zu. Ist dies bei allen Privatstiftungen, die Projekte unterstützen, so?

Gubser: Nein, die Stiftungen verfahren unterschiedlich. Manche warten darauf, dass Forschende bei ihnen vorstellig werden, und wählen die für sie passenden Gesuche aus.

Worin liegt eigentlich der Unterschied zwischen Spenden und Sponsoring?

Gubser: Diese beiden Finanzierungsarten muss man ganz klar auseinanderhalten. Spenden erfolgen à fonds perdu. Etwas zu spenden bedeutet demnach, zu geben, ohne dafür zu nehmen – und auf diese Weise Dinge zu ermöglichen, die einen überzeugen und einem am Herzen liegen. Sponsoring dagegen ist ein Dienstlei­stungs­vertrag zwischen zwei selbstständigen Institutionen, wobei die eine bei der anderen Kommunikationsdienstleistungen einkauft – also dafür bezahlt, dass sie Aufmerksamkeit erhält.

Wie hält es die UZH mit dem Sponsoring, Herr Schaepman?

Schaepman: Sponsoringbeiträge sind Beiträge zur Unterstützung der universitären Aufgaben, für welche die Universität eine mehrwert­steuer­pflichtige Gegenleistung erbringt. Die Universität Zürich hat ein Sponsoring- Merkblatt ent­wickelt, welches sehr restriktiv und klar formuliert ist. Insbesondere werden beim Sponsoring der wirtschaftliche Nutzen und allfällige Reputationsrisiken sorgfältig abgewogen.

Knüpft die UZH auch die Annahme von Spenden an bestimmte Bedingungen?

Schaepman: Ja, die Bedingungen sind in einer Verordnung über die Einwerbung und Entgegennahme von Spenden festgehalten. Insbesondere müssen Herkunft und Zweckbestimmung der Spende transparent sein, die Freiheit von Forschung und Lehre muss vertraglich gesichert sein, und die Spende muss zu den strategischen Zielen der UZH passen.

Wie kann sichergestellt werden, dass durch Spenden die Forschungsfreiheit an der UZH nicht eingeschränkt wird?

Schaepman: Die Forschungs- und Lehrfreiheit gehört zu den Grund­werten unserer Universität. Die Glaubwürdigkeit unserer wissen­schaftlichen Arbeit hängt daran. Wir sichern deshalb die Forschungs- und Lehrfreiheit zusammen mit den Spenderinnen und Spendern ver­traglich ab. Da es absolute Unab­hängigkeit aber nicht gibt, ist Trans­parenz wichtig. Wir legen offen, woher die Mittel kommen und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden. Auf der UZH-Website führen wir sämtliche der eingeworbenen Drittmittel ab einem Gesamtbetrag von 100 000 Franken auf. Zudem führen wir eine Liste der Stiftungsprofessuren und ein Register aller Interessenbindungen.

Herr Reinhard, die NOMIS Foundation engagiert sich auch in den USA. Welche Unterschiede stellen Sie im Vergleich zu den hiesigen Verhältnissen fest?

Reinhard: Die Eliteuniversitäten in den USA, die sich mehrheitlich privat finanzieren müssen, bemühen sich mit Hilfe hervorragend ausgebauter Kommunikations- und Fundraisingabteilungen intensiv um Spenderinnen und Spender. Fundraising hat an amerikanischen Universitäten Tradition. Ohne Spenden würden diese Universitäten nicht forschen können. Deshalb werden Spenden auch in Form langfristiger Partnerschaften eingebunden und speziell verdankt. Jede Bibliothek, jeder Weg, jede Bank auf dem Campus einer Universität trägt deshalb den Namen einer Donatorin oder eines Donators.

Herr Schaepman, sollte die UZH bei der Weiterentwicklung des Fundraisings dem Vorbild US-amerikanischer Universitäten folgen?

Schaepman: Wir können punktuell sicher einiges von den amerikanischen Eliteuniversitäten lernen, beispielsweise was die Kommunikation mit Spenderinnen und Spendern anbelangt. Gesamthaft gesehen sollten wir aber die US-amerikanischen Universitäten nicht kopieren, die Verhältnisse sind zu unterschiedlich. Wir sollten besser auf unsere eigenen Stärken bauen. Die staatliche Grundfinanzierung verschafft uns international viele strategische Vorteile, die wir künftig noch bewusster pflegen sollten als bisher.

Wie sollte sich Ihrer Meinung nach das Fundraising an der UZH entwickeln?

Schaepman: Die UZH hat bisher sehr positive Erfahrungen mit Privatspenden gemacht. Sie sind ein probates Mittel, um schnell und gezielt besonders herausragende Forschung zu unterstützen und so Stärken der UZH weiter auszubauen. Nicht alle strategisch interessanten Forschungsprojekte können mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Es wäre wünschenswert, wenn möglichst viele davon mit Hilfe von Spenden trotzdem realisiert werden könnten.

Was raten Sie Forschenden, die mit einer Stiftung zusammenarbeiten wollen?

Schaepman: Mein Rat ist, Stiftungen nicht als blosse Füllhörner zu betrachten, die ihre Gaben über die Begünstigten ausschütten. Das ist ein falsches Bild. Forschende sowie Donatorinnen und Donatoren sollten sich als Partner sehen, die zum Wohl der Gesellschaft gemeinsam an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen arbeiten. Da jede Stiftung an ihren Zweck gebunden ist, wird sie spezifische Kriterien einhalten, wie sie ihr Geld einsetzt. Sie wägt genau ab, ob ein Projekt für eine Förderung in Frage kommt oder nicht. Forschende, die ihr Forschungsprojekt über Spenden finanzieren wollen, müssen bereit sein, Zeit und Energie in die Partnerschaft zu investieren.

Welche Ziele möchten Sie, Herr Gubser, mit der UZH Foundation erreichen?

Gubser: Die Alumni-Vereine der UZH leisten seit Langem gute Arbeit, um das Band der ehemaligen Absolventinnen und Absolventen mit ihrer Alma Mater nicht abreissen zu lassen. Aus unserer Sicht wäre es wichtig, dieser etablierten Beziehung auch den Fundraisingaspekt hinzuzufügen. Ein zweites Entwicklungsfeld sind Nachlässe. Auf diesem Gebiet müssen wir speziell in kommunikativer Hinsicht noch Hausaufgaben machen.

Weiterführende Informationen

Markus Reinhard

Markus Reinhard, Geschäftsführer der NOMIS Foundation.

Michael Schaepman

Michael Schaepman, zukünftiger Rektor der UZH.

Martin Gubser

Martin Gubser, Geschäftsführer der UZH Foundation.

Im Bild

Markus Reinhard, Michael Schaepman und Martin Gubser.

Bild: Frank Brüderli