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UZH Journal

«Den riesigen Wissenspool nutzen»

Kommissionen nehmen im universitären Informationssystem eine wichtige Schnittstellenfunktion ein. Wir haben mit Laura Beccarelli (V-ATP) und Hannah Schoch (VAUZ) über Sinn, Zweck und Nutzen von Gremienarbeit gesprochen.

Interview: Alice Werner

Beccarelli spricht mit Schoch
Laura Beccarelli (li.), Co-Präsidentin der V-ATP, im virtuellen Gespräch mit Hannah Schoch von der VAUZ.

 

Im Juni 2020 wurden im Rahmen der ersten universitären Gesamtwahlen an der UZH die neuen Standesdelegierten für die universitären und fakultären Gremien gewählt. Dabei kam auch das neue E-Voting-Tool der Stände zum Einsatz. Wie lautet Ihr Resümee?

Hannah Schoch: Die Wahlen waren sehr aufwendig, aber wir haben sie gut gemeistert. Alle Delegierten wurden erstmals nach dem neuen Wahlreglement gewählt, das gleichzeitig mit dem revidierten Universitätsgesetz am 1. April 2020 in Kraft getreten ist. Das hat das Wir-Gefühl innerhalb und zwischen den Ständen eindeutig gestärkt. Die neue Rechtsgrundlage schafft Kohärenz über die unterschiedlichen Ebenen hinweg – von den gesamtuniversitären Gremien bis zu den einzelnen Gremien der Institute.

 

Die Vereinigung des administrativen und technischen Personals (V-ATP) konnte 109 Kolleginnen und Kollegen in universitäre und fakultäre Gremien sowie 47 Personen in Gremien der Institute, Seminare und Kliniken entsenden. Die Vereinigung akademischer Nachwuchs der Universität Zürich (VAUZ) hat 82 Angehörige des wissenschaftlichen Nachwuchses in gesamtuniversitäre Gremien und 99 Personen in Gremien auf Institutsebene delegiert. Sind damit alle Sitze besetzt?

Laura Beccarelli: Die Sitze in den universitären Gremien konnten wir erfreulicherweise bereits im Juni alle besetzen. Die Nachwahlen für das laufende Herbstsemester haben Anfang November stattgefunden; nun sind auch fast alle ausgeschriebenen Sitze auf fakultäter Ebene besetzt. Das verdeutlicht zum einen, wie viele Mitarbeitende an der UZH intrinsisch motiviert sind, sich mit ihren Ideen und ihrem Wissen einzubringen und aktiv an der universitätspolitischen und akademischen Weiterentwicklung der UZH mitzuarbeiten. Zum anderen zeigt es auch, dass es sich lohnt, die Mitglieder des eigenen Standes proaktiv auf ihre Mitspracherechte aufmerksam zu machen, über Beteiligungsmöglichkeiten zu informieren sowie geeignete Personen gezielt zu rekrutieren und von einer Kandidatur zu überzeugen.

 

Viele haben Respekt vor dem Arbeitsaufwand, den ein Zusatzamt zwangsläufig mit sich bringt.

Beccarelli: Ja, und das ist auch verständlich. Natürlich zieht das Amt eines oder einer Standesdelegierten Arbeit nach sich – mal mehr, mal weniger, je nach Gremium. Was viele vielleicht nicht wissen, ist, dass die Standesarbeit im Rahmen der regulären Arbeitszeit stattfinden darf. Und zwar nicht nur teilweise, sondern komplett. Das ist ein wichtiges Signal, das die UZH hier sendet. Ob diese Regelung alltagstauglich ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Auf jeden Fall wäre es begrüssenswert, wenn sich Vorgesetzte diesbezüglich flexibel zeigen würden. Es wäre sehr schade, wenn engagierte Personen durch mangelndes Entgegenkommen ausgebremst würden.

Schoch: Für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der häufig mehr als die vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden leistet, ist diese Regelung nur bedingt umsetzbar. Die Zeit, die für die Standesarbeit aufgewendet wird, kommt also in den meisten Fällen zur normalen Arbeitszeit dazu. Umso deutlicher wird hier, wie gross die Motivation unserer Delegierten ist und wie sehr sie sich für die UZH als Institution einsetzen.

 

Was lernt man durch die Gremienarbeit? Und wie profitieren Vorgesetzte davon?

Beccarelli: Durch die Mitwirkung in den verschiedenen Gremien und Kommissionen bekommt man einen besseren Überblick über die Themen und Aktivitäten, die an der UZH wichtig sind. Man lernt viele Kolleginnen und Kollegen aus anderen Arbeitsbereichen oder Disziplinen kennen, erweitert sein Kontaktenetzwerk, tauscht sich intern häufiger und intensiver aus und ist dadurch insgesamt besser informiert. Zudem gewinnt man wichtige Einblicke in die Abläufe der UZH, erkennt, wie die Institution funktioniert, und kann folglich gewisse Prozesse besser verstehen und Entscheidungen grösseres Verständnis entgegenbringen. Diese Horizonterweiterung kann einem bei der Ausführung der eigenen Arbeit nur helfen. Und von den Informationen, vom Mehrwissen, das man durch die Gremienarbeit erhält, können die Vorgesetzten bzw. die ganze Arbeitsgruppe oder Abteilung profitieren. 

Schoch: Ich bin derselben Meinung: In Gremien und Kommissionen kann man wichtige Arbeitserfahrungen sammeln. Dort kommen Personen mit unterschiedlichen Hintergründen und akademischen Arbeitskulturen zusammen, um gemeinsam ein Projekt zu stemmen. Gerade Nachwuchsforschende, die eine Laufbahn an einer Hochschule planen, können hier erste Erfahrungen mit einer Tätigkeit sammeln, mit der sie früher oder später konfrontiert werden. Die Mitarbeit in (Leitungs-)Gremien, Steuerungsausschüssen, Projektgruppen etc. gehört zu einer akademischen Karriere dazu; entsprechend wünschenswert wäre es, dass Vorgesetzte die Gremienarbeit als einen wichtigen Teil der Karriereplanung ihrer Mitarbeitenden unterstützen. So wird in Projektanträgen des Schweizerischen Nationalfonds mittlerweile direkt nach Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung gefragt, sogar schon auf Doktoratsstufe. Anfügen möchte ich noch, dass die verschiedenen Kommissionen und Gremien für Führungspersonen wichtige Feedbackorgane sind. Nehmen wir die aktuelle Corona-Pandemie: Über die Personal- und Lehrkommissionen fliessen die Erfahrungen des wissenschaftlichen Nachwuchses während der coronabedingten Online-Semester zurück auf höhere Leitungsebenen.

 

Würden Sie sich wünschen, dass Vorgesetzte eine solche partizipative Mitarbeit aktiv fördern?

Beccarelli: Es handelt sich hierbei nicht um einen Wunsch, sondern um ein im Universitätsgesetz verankertes Recht, das jede und jeder Mitarbeitende hat.

Schoch: Wunsch ist tatsächlich das falsche Wort, denn es suggeriert, dass wir ein Bedürfnis von aussen an die Universität tragen. Die partizipative Mitarbeit aller ist ein Kerninteresse der Universität und ein wichtiger Teil ihres Selbstverständnisses. Die UZH hat sich hohe Grundsätze und Prinzipien gesetzt: Selbstverwaltung, Subsidiarität, Mitverantwortung, Interessenausgleich, Transparenz. Damit das nicht nur schöne Worte bleiben, ist es wichtig, dass diese im Alltag gelebt werden. Die Kommissionsarbeit spielt dabei eine grosse Rolle.

 

Inwiefern?

Schoch: Weil Kommissionen im Kern genau diese Grundsätze widerspiegeln. Zudem sind Kommissionen für die UZH als Arbeitgeberin eine gute Möglichkeit, Mitarbeitende abzuholen und aktiv in die gesamtuniversitäre oder fakultäre Arbeit einzubinden. Kommissionen nehmen darüber hinaus eine wichtige Schnittstellenfunktion im gesamten Informationssystem ein: Hier fliessen Informationen zu bestimmten Themen aus verschiedenen Bereichen zusammen. An einer so komplexen Institution wie der UZH kann niemand alles wissen. Umso wertvoller ist der riesige Wissenspool aller Mitarbeitenden, welcher der UZH zur Verfügung steht.

 

Frau Beccarelli, Sie haben sich zwei Jahre in der Nachhaltigkeitskommission engagiert und sind jetzt in den Universitätsrat und den Senat delegiert. Wie erleben Sie die Kommissionsarbeit?

Beccarelli: Die Arbeit in der Nachhaltigkeitskommission habe ich als positiv und bereichernd empfunden, auch weil ich die Sichtweisen und Anliegen des ATPs sehr gut einbringen konnte. Andere ATP-Delegierte berichten Ähnliches. Ich fände es allerdings gut, wenn Kommissionsmitglieder generell mehr darauf achten würden, in Sondierungsgesprächen häufiger auch Mitarbeitende anzusprechen, die hierarchisch etwas tiefer stehen. Es sollte mehr Augenmerk darauf verwendet werden, auch das Wissen und das Know-how des administrativ-technischen Personals abzuholen. Eine Bereicherung wäre es in meinen Augen zum Beispiel, wenn auch in der Berufungskommission Vertreterinnen und Vertreter des ATP mitreden und neuen Input bringen könnten, wie es beispielsweise an der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät bereits Standard ist.

 

Michael Schaepman hat Anfang August die Leitung der UZH übernommen. Hat sich der Rektorwechsel auf die Standesarbeit ausgewirkt?

Schoch: Natürlich hat jeder Rektor und jede Rektorin einen eigenen Führungs- und Kommunikationsstil und setzt eigene thematische Schwerpunkte. Insofern müssen wir uns bei jedem Wechsel neu orientieren. Die Stände sind unterdessen aber auf gesamtuniversitärer Ebene etabliert und innerhalb der letzten Jahre gut in die UZH-Kultur eingebunden worden. So hängt die Standesarbeit etwas weniger davon ab, wer die Universität personell führt. Anders sieht es auf der fakultären Ebene aus: Da sind die Kulturen immer noch sehr unterschiedlich, und entsprechend sind wir stärker auf das Engagement einzelner Führungspersonen angewiesen, die letztlich beeinflussen, wie erfolgreich die Einbindung der Stände in Projekte und Prozesse gelingt. 

 

Im Rahmen des Reformprogramms «Zukunftsfähige UZH Autonomie – Governance 2020+» soll die Eigenverantwortung der Fakultäten gestärkt werden, zum Beispiel bei Berufungsgeschäften, bei der Ressourcenplanung und bei der Personalführung. Wie können die Stände die Fakultäten diesbezüglich unterstützen?

Schoch: Die Revision des Führungssystems ist auch eine Chance für die Stände, ihre Vermittlerrolle zu stärken. Wir haben über viele Jahre hinweg Erfahrungen in den verschiedenen universitären Gremien bis hin zum Universitätsrat gesammelt und geben diese gern an die Fakultätsleitungen weiter. Auch durch die verstärkte Einbindung in Berufungsverfahren, nicht nur über Delegierte in der betreffenden Kommission, können wir durch Nachfrage bei den Standesangehörigen wertvolle Rückmeldungen über die Führungsqualitäten der Kandidatinnen und Kandidaten geben. So tragen wir zur nachhaltigen Gestaltung der UZH bei.

 

Was beschäftigt Sie in der momentanen Pandemie-Situation am meisten?

Beccarelli: Der eingeschränkte Präsenzbetrieb hat den Arbeitsalltag des gesamten administrativen und technischen Personals der UZH tiefgreifend verändert. Viele arbeiten ganz oder teilweise im Homeoffice. Ich hoffe sehr, dass die V-ATP künftig einbezogen wird, wenn es darum geht, die Arbeitssituation in der Pandemie auszugestalten. Denn viele Neuerungen, zum Beispiel die zunehmende Digitalisierung der Arbeitsabläufe, werden voraussichtlich unseren Alltag auch nach dem Ende der Pandemie prägen.

Schoch: Wir sind in einer schwierigen Phase. Einerseits steht immer noch bzw. wieder die Krisenbewältigung an, zum anderen geht es auch um mittel- und längerfristige Veränderungen des Arbeitsalltags, die durch die Pandemie massiv beschleunigt wurden. Das ist eine grosse Belastung für die Universität und für alle Mitarbeitenden. Daher sind wir froh, dass wir über die Kommissionen diesbezüglich Input geben können.

Weiterführende Informationen

Laura Beccarelli

Laura Beccarelli ist seit 2010 an der UZH tätig. Sie arbeitet als Leiterin Prüfungsplanung im Studiendekanat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und steht seit Mai 2020 gemeinsam mit Ruth Hunkeler-Wittleder der Vereinigung des administrativen und technischen Personals (V-ATP) als Co-Präsidentin vor. Aktuell vertritt sie das ATP im Universitätsrat und im Senat.
Bild: Frank Brüderli

Hannah Schoch

Hannah Schoch ist Assistentin am Englischen Seminar und seit März 2019 Co-Präsidentin der Vereinigung Akademischer Nachwuchs der Universität Zürich (VAUZ), momentan zusammen mit Fanny Georgi. Hannah Schoch vertritt die Anliegen des wissenschaftlichen Nachwuchses zurzeit in der EUL, der Personlkommission und im Senat.

Bild: Frank Brüderli

Stände an der UZH

An der Universität Zürich existieren vier Stände. Diese sind im Universitätsgesetz festgelegt und garantieren ein Mitbestimmungsrecht in universitären Angelegenheiten.

• Studierende

vertreten durch den VSUZH (Verband der Studierenden der Universität Zürich)

• Wissenschaftlicher Nachwuchs

vertreten durch die VAUZ (Vereinigung Akademischer Nachwuchs der Universität Zürich)

• Fortgeschrittene Forschende und Lehrende

vertreten durch die VFFL (Vereinigung der fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden)

• Administratives und technisches Personal

vertreten durch die V-ATP (Vereinigung des administrativen und technischen Personals)

Gremien an der UZH

Die jeweiligen Standesorganisationen wählen Delegierte in universitäre und fakultäre Gremien sowie in Gremien der Institute, Seminare und Kliniken. Die Standesorganisationen übernehmen damit eine wichtige Funktion in der Repräsentation ihrer jeweiligen Standesangehörigen. Die drei höchsten universitären Gremien mit Standesvertretung sind:

• der Universitätsrat

• der Senat

• die Erweiterte Universitätsleitung

Kernkommissionen sind ständige gesamtuniversitäre Gremien. Aktuell zählt die UZH 23 Kernkommissionen.