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UZH Journal

Johannes Kabatek: Sprachforschung

Eigentlich war für Johannes Kabatek bis vor Kurzem Wilhelm von Humboldt der Star der beiden Brüder. Es ist der zwei Jahre ältere Wilhelm, der unter Sprachwissenschaftlern als Begründer der modernen Linguistik gilt und als Bildungsreformer bis heute Massstäbe setzt. Doch dann setzte sich Kabatek für einen Kommentar in der neuen Ausgabe zum Gesamtwerk von Alexander von Humboldt* mit dem jüngeren Bruder auseinander und revidierte seine Meinung. Denn Alexander war nicht nur Naturforscher, sondern auch ein herausragender Sprachforscher, der wichtige Beiträge zur modernen Sprachwissenschaft geleistet hat. So verfasste er eine Gesamtklassifikation der Sprachen von Grönland bis Feuerland und präsentierte wichtige Einsichten zu Sprachverwandtschaften. «Alexander von Humboldt anerkannte die Bedeutung der Sprache als Voraussetzung aller Wissenschaft, er hatte diesen Gesamtblick auf die Welt», sagt Kabatek. Gleichzeitig nahm er sich gegenüber seinem Bruder zurück, in dem er den grössten Sprachforscher seiner Zeit sah, und belieferte ihn mit Sprachmaterialien, die er auf seinen Reisen gesammelt hatte. Für Kabatek ist Alexander von Humboldt der idealtypische Wissenschaftler, der die «Vielfalt der Gegenstände mit empirischer Genauigkeit systematisch zu erfassen versucht». In seinen eigenen Feldarbeiten in Lateinamerika erforscht der Iberoromanist Eigenheiten der spanischen Grammatik, unter anderem in Beziehung zu indigenen Sprachen. «Humboldt begegnet einem in Südamerika auf Schritt und Tritt», sagt Kabatek. Und er vereint das Brüderpaar lieber, als es zu trennen: «Ihr Humboldtsches Denken steht für mich für uneingeschränktes Interesse an allem.»

Stefan Stöcklin

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