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UZH Journal

«Wunderbare Organismen»

Neuberufene Professorinnen und Professoren stellen sich vor:
Anna-Liisa Laine ist Professorin für Ökologie am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften.

Interview: Stefan Stöcklin

Anna-Liisa Laine ist Professorin für Ökologie am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften.

 

Frau Laine, Sie haben sich in der Pflanzenforschung spezialisiert, genauer im Bereich Ökologie und Evolution. Wieso Pflanzen?

Während meines Studiums an der Universität von Oulu (Finnland) beschäftigte ich mich zunächst mit Pflanzen und Tieren. Die Feldarbeiten mit Pflanzen gefielen mir sehr gut und waren massgebend für meine Spezialisierung in Pflanzenökologie. Ich habe diesen Entscheid nie bereut.
Pflanzen sind in vielerlei Hinsicht ideal zum Studium der Fragen, die mich interessieren, zum Beispiel die Wechselwirkungen mit Schädlingen. Pflanzen lassen sich klonal vervielfältigen und mit Schädlingen infizieren, was ich mit Tieren oder Menschen aus ethischen Gründen nie machen könnte. Auch die Feldarbeiten sind einfacher, Pflanzen laufen nicht davon, sie lassen sich messen und markieren und bleiben an Ort.

Ihre Lieblingspflanze ist der Spitzwegerich (Plantago lanceolata) – was gefällt Ihnen an der eher unscheinbaren Art?

Ich arbeite seit über 20 Jahren mit dieser Pflanze, allein schon deshalb ist sie mir ans Herz gewachsen. Sie ist anspruchslos, gedeiht an vielen Standorten und ist einfach zu vermehren. Ursprünglich setzte mich mein Doktorvater auf die Pflanze an. Sie ist verbreitet auf dem Inselarchipel zwischen Finnland und Schweden, wo wir auf einem grossen Netzwerk von 4000 Weiden Schädlinge untersuchen. Ich beschäftigte mich dort vor allem mit Mehltau, aber auf einem Teil der Weiden auch mit Plantago und Viren.

Sie erforschen Wechselwirkungen zwischen Virusschädlingen und ihren Wirtspflanzen.

Wir untersuchen verschiedene Schädlinge, in erster Linie Pilze, aber auch Viren. Mit den Feldarbeiten über Viren erkunden wir neues Terrain, die Forschung hat Pioniercharakter. Bis zu 90 % der Viren, die wir in unseren Proben finden und genetisch charakterisieren, wurden noch nie beschrieben. Ihre ökologische Funktion ist kaum bekannt und entsprechend interessant. Wir stellen eine unglaubliche Diversität fest: Eine einzelne Pflanze kann von bis zu 40 verschiedenen Virusarten befallen sein. Aber es gibt auch Individuen, die überhaupt nicht infiziert sind.

Haben Sie Erklärungen für diese Unterschiede?

Wir haben untersucht, ob die Diversität des Virenbefalls eher von der genetischen Struktur der Pflanze – ihrem Genotyp – abhängt oder vom Standort, also von den lokalen Umweltbedingungen. Wir konnten in unseren Experimenten erstmals zeigen, dass der Genotyp massgebend ist.

Sie haben mal gesagt, dass Pflanzen wunderbare Organismen seien, um evolutionäre Vorgänge zu untersuchen. Wieso?

Weil sich Pflanzen nicht fortbewegen können, haben sie einzigartige Mechanismen zur Vermehrung und zur Abwehr von Schädlingen entwickelt. Das macht sie für Fragestellungen zur Evolution interessant. Einerseits ist im Fall von Viren der evolutionäre Druck auf Pflanzen, Abwehrmechanismen zu entwickeln, extrem hoch. Auf der anderen Seite können sich die Pathogene rasch anpassen, wenn sich die Pflanze verändert. Diese evolutionäre Dynamik zwischen Wirt und Parasit verläuft so schnell, dass wir sie verfolgen können. Andere evolutionäre Entwicklungen verlaufen viel langsamer.

Sie sind von der Universität von Helsinki nach Zürich gekommen. Wie vergleichbar sind die beiden Länder?

Ich empfinde die beiden Länder als ziemlich ähnlich. Die Leute sind hier wie dort eher zurückhaltend, wie Finnland ist auch die Schweiz stark reglementiert. Der Wechsel in die Schweiz ist mir leichtgefallen.

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