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Caroline Maake und Jan Helbing präsidieren gemeinsam den neu gegründeten Stand der fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden. Ein Gespräch über erste Arbeitsziele, über Forschungsbedingungen und engagierte Lehre.
Interview: Alice Werner
Wie viele Personen zählen zum neu gegründeten Stand der fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden?
Jan Helbing: Zurzeit umfasst der Stand rund 4300 Personen. Die Zahl kann aber schwanken: Einerseits aufgrund einer normalen Fluktuation, andererseits weil Personen, die beispielsweise an der UZH in unterschiedlichen Funktionen tätig sind (etwa im administrativ-technischen Bereich und in der Lehre) oder die Schnittstellenpositionen innehaben, einen Standeswechsel beantragen können. Auf jeden Fall freuen wir uns, dass sich so kurz nach der Gründung schon gut 300 Personen in unserer Organisation, der Vereinigung der Fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden (VFFL), engagieren und hoffen, dass sich zukünftig noch mehr Personen für die wichtige und spannende Mitarbeit in den Gremien der UZH interessieren.
Wie würden Sie den neuen Stand beschreiben?
Helbing: Kurz gesagt: Der Stand setzt sich aus hochqualifizierten, in Forschung und Lehre stark engagierten Personen zusammen. Anders als z.B. Mitarbeitende auf befristeten Qualifikationsstelle oder SNF-Eccellenza-Professorinnen und -professoren verfügen die meisten unserer Standesangehörigen über eine zeitlich unbefristete Anstellung und haben somit ein besonderes Interesse an langfristigen Entwicklungen der UZH. Durch die Neugründung unseres Standes wurden also Personen mit ähnlichen Anliegen in einem Stand vereinigt – was klar zu begrüssen ist.
Gleichzeitig ist der Stand aber auch sehr heterogen.
Helbing: Das stimmt. Im Detail findet man nämlich durchaus unterschiedliche Anstellungsverhältnisse, Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten. Zum Stand zählen beispielsweise wissenschaftliche Mitarbeitende eines Lehrstuhls, die einen Grossteil der Lehre stemmen und kaum zeitliche und finanzielle Ressourcen für Forschung haben, aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit eigenem Budget für Forschungsprojekte, die innerhalb des Instituts Führungsaufgaben übernehmen, zum Beispiel als Leiter einer unabhängigen Forschungsgruppe. Zum Stand gehört ausserdem die grosse Gruppe externer Dozierender, etwa aus der Privatwirtschaft, aus Spitälern oder aus Schulen, die ihre grosse Praxiserfahrung in die akademische Lehre einbringen.
Caroline Maake: Dazu kommen dann jeweils noch die unterschiedlichen Traditionen und Kulturen der verschiedenen Fakultäten und Institute. Man kann die Heterogenität als Ausdruck der Diversität verstehen, die ja eine Stärke der UZH ist. Klar ist jedenfalls, dass es für uns als Standesvereinigung eine erste wichtige Aufgabe sein wird, die unterschiedlichen universitären Realitäten unserer Mitglieder kennen- und verstehen zu lernen.
Was ist Ihnen diesbezüglich schon bekannt?
Maake: Unterschiede zeigen sich auf Ebene der Fakultäten und insbesondere der Institute. Wir sehen, dass fortgeschrittene Forschende und Lehrende (FFLs) teilweise sehr gut eingebunden sind und als die selbstständigen und fortgeschrittenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wahrgenommen werden, die sie de facto auch sind. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sie in manchen Fakultäten Promotionsrecht haben, in anderen Fakultäten müssen sie bei Promotionen immer noch einen Professor oder eine Professorin beiziehen. Auch innerhalb der Institute sind in punkto Information und Mitsprache unterschiedliche Handhabungsweisen bekannt, beispielsweise was den Einsitz in Institutsversammlungen betrifft.
Die Gründung der Vereinigung der fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden (VFFL) Ende November letzten Jahres liegt noch nicht lange zurück. Konnten Sie – neben den bereits genannten Aufgaben – schon weitere Arbeitsziele definieren?
Maake: Ganz generell gesprochen: Die VFFL setzt sich für die universitäts- und bildungspolitischen Interessen des Standes und der Standesangehörigen innerhalb der UZH ein, insbesondere für Mitbestimmung, Mitsprache und Mitgestaltung in Lehre und Forschung. Eine Hauptaufgabe der Vereinigung ist also, ihren Standesmitgliedern die Anerkennung und das Gehör zu verschaffen, das ihrer Qualifikation und ihren Aufgaben für das Funktionieren der Institute, für hochstehende Lehre und für exzellente Forschung entspricht. Wir sind überzeugt, dass das letztlich der UZH zugute kommt.
Helbing: Die meisten FFLs sind langjährige bzw. langfristige Mitglieder eines Instituts und fester Bestandteil des Lehrkörpers einer Fakultät, viele tragen Führungsverantwortung mit. Sie fühlen sich der wissenschaftlichen Community zugehörig, sind, rein rechtlich, aber keine Fakultätsmitglieder und somit in Fakultäts- und Institutsversammlungen nur mit einem oder wenigen Standesvertretern präsent. Wir sind der Meinung, dass man die FFLs hier mehr berücksichtigen könnte. Aufgrund ihrer weitreichenden Erfahrung und Expertise können sie relevante Impulse für eine zukunftsweisende Entwicklung der UZH setzen, etwa bei Fragen bezüglich der Lehrentwicklung oder der strategischen Ausrichtung eines Instituts. Ein wichtiges Arbeitsziel für die nächste Zukunft wird ausserdem sein, die administrativen Voraussetzungen für die verschobenen Wahlen auf Institutsebene zu schaffen.
Wie sieht es bei Ihren Standesmitgliedern mit der Vereinbarkeit von Forschung und Lehre aus?
Helbing: Die Einheit von Forschung und Lehre wird an der UZH traditionell gross geschrieben, was unser Stand unterstützt. Insofern finden die meisten FFLs, zumindest bei uns an der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, sehr gute Forschungsbedingungen vor. Nur in Einzelfällen werden Personen aus unserem Stand ausschliesslich für die Lehre bzw. für einen bestimmten Lehrbereich eingestellt.
Maake: Ein grosser Teil der Lehrveranstaltungen an der UZH wird von den FFLs erbracht. Was den individuellen Umfang der Lehre angeht, gibt es innerhalb des Standes allerdings deutliche Unterschiede, je nach Fakultät und Funktion. Es gibt gewiss Personen aus unserem Stand, die in der Lehre überdurchschnittlich viel leisten und dementsprechend weniger Zeit für Forschungsarbeit haben. Generell finde ich es aber wichtig, dass universitäre Lehrpersonen auch in der Forschung tätig sind.
Das grosse Engagement der FFLs in der Lehre wird von den Studierenden wertgeschätzt. Sie konnten während dem Ausbruch der Corona-Krise im letzten Frühlingssemester besonders passionierte Lehrpersonen als «Teacher of the hour» nominieren. Unter den Ausgezeichneten gehörten sehr viele dem Stand der fortgeschrittenen Forschenden und Lehrenden an. Frau Maake, Sie selbst haben 2019 die «Goldene Lehr-Lorbeere» erhalten, einen «Spezialpreis für bemerkenswerte Lehre in den letzten Jahren» und waren 2020 «Teacher oft the hour».
Maake: Die Auszeichnungen haben mich persönlich natürlich sehr gefreut. Als Standesvertreterin begrüsse ich die verschiedenen Würdigungen, die die UZH für exzellente Lehre vergibt. Sie signalisieren unseren Standesmitgliedern, dass ihre hervorragende Arbeit in der Lehre geschätzt wird.